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Das
Wittmunder Passbuch (1864-1935)
(von Gerd
Aden, Anton-Oncken-Strasse 12, in 26409 Wittmund)
Ein
eigenes Kapitel ostfriesischer Geschichte ist der Wegzug vieler M�nner
und Frauen aus ihrer angestammten Heimat. Aus Existenznot und auf der
Suche nach besseren Fortkommensm�glichkeiten sind junge Menschen, aber
auch ganze Familien, im 19. Jahrhundert und bis in die
zwanziger
Jahre des 20. Jahrhunderts hinein, ausgewandert.
Noch
vor Antritt der Reise ins Ungewisse - nach Amerika oder in ein anderes
Land - mussten damels wie heute die erforderlichen Papiere besorgt
werden. Die Auswandernden, wie auch andere Reisende, mussten einen Pass
haben.
Beim
Landkreis Wittmund wird noch ein Passbuch verwahrt, das 1864 angelegt
wurde. Es enth�lt zun�chst nur die Eintragungen �ber ausgestellte P�sse
im alten Amt Esens. Nach Inkrafttreten der Kreisordnung f�r die Provinz
Hannover(01.04.1885), durch die aus den �mtern Esens und Wittmund der
Kreis Wittmund gebildet wurde, ist das begonnene Passbuch (Ma�e:
39,5x25x7 cm) dann f�r das ganze Kreisgebiet weitergef�hrt worden. Die
letzte Eintragung von Auswandernden stammt aus dem Jahre 1935. Sicher
ist auch beim vormaligen Amte Wittmund (einschlie�lich Friedeburg) ein
solches Verzeichnis gef�hrt worden, doch das ist nicht zur Hand. �ber
den Verbleib l�sst sich gelegentlich noch etwas in Erfahrung bringen.
Das
eigentliche Interesse an dem vorhandenen Dokument ist, dass die
Eintragungen Zeitgeschehen vermitteln, regionale und �berregionale der
Vergangenheit vergegenw�rtigen. So sind in vielen F�llen P�sse f�r
Personen ausgestellt worden, die nur von Ostfriesland ins Jeverland
fahren wollten. Ostfriesland hatte seit 1744 zu Preu�en geh�rt, fiel
1815 durch die auf dem Wiener Kongress beschlossene Neuordnung Europas
an das K�nigreich Hannover und kehrte schlie�lich 1866 nach dem Ende
des preu�isch-�sterreichischen Krieges wieder in den preu�ischen
Staatsverband zur�ck. Das Jeverland aber geh�rte zum Gro�herzogtum
Oldenburg, einem eigenstaatlichen Territorium, und war gewisserma�en
Ausland. Deswegen galt auch insoweit eine Passerfordernis.
Eine
nicht geringe Zahl der Reisenden ins Oldenburgische entfiel auf die
beim Hafenbau Wilhelmshavens besch�ftigten Arbeiter. 1853 verkaufte
Oldenburg dem preu�ischen Staat das f�r den Hafenbau erforderliche, zu
Heppens geh�rende Gel�nde. Die in den Folgejahren einsetzenden
Bauma�nahmen boten Arbeit f�r die Menschen der Umgebung und dar�ber
hinaus f�r Arbeitssuchende aus anderen gegenden. Carl W�bken beschreibt
in seinem Buch "Kurze Geschichte Ostfrieslands", Seite 145 f,
anschaulich, welche misslichen Begleitumst�nde infolge Wassermangels
die Arbeiter neben sonstigen Entbehrungen hinnehmen mussten. Wenn man
das Kapitel in W�bkens Buch gelesen hat und dann Passeintragungen mit
dem Hinweis "auf Arbeitssuche in Heppens" findet, lassen sich
romantische Vorstellungen von der guten alten Zeit nicht mehr
aufrechterhalten.
Eine
Besonderheit zeigt das Passbuch in anderem Zusammenhang auf. In
Roggenstede gab es einen �ber die Grenzen des Harlingerlandes hinaus
bekannten Pferdehandelsbetrieb. Der Betriebsinhaber muss ein
weltgewandter Mann gewesen sein. Er fuhr mehrmals mit seinen Gehilfen
nach Russland, um dort Pferde zu kaufen. Dass er daf�r einen Pass
ben�tigte, liegt auf der Hand.
Ganz
vereinzelt findet man schlie�lich den einen oder anderen Namen von
h�heren Beamten oder gutsituierten B�rgern, die zur Erholung ins
Ausland fuhren, z. B. in die Schweiz. Es folgen die Eintragungen der
jahre 1864 bis 1867. Als Legitimation galt in fast allen F�llen eine
Beschreibung des Gemeindevorstehers.
D-Knecht, M-Magd = Dienstknecht, -magd, Arb. suchen = um Arbeit zu
suchen.
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